Trennung

Neustadt1Im Neustädter Standesamt werden Ehen geschlossen, wie in allen anderen Städten der Republik auch. Das ist sicherlich auch der Fall in der Stiftskirche St. Ägidius in Neustadt an der Weinstraße. Das Kirchengebäude hat aber Dank der kurpfälzischen Religionsdeklaration aus dem Jahre 1705 mit einer dicken Trennungsmauer zu leben. Die im 13. Jahrhundert erbaute Kirche wurde im 14. Jahrhundert überwiegend als Gebets- und Gedenkstätte der Familie Wittelsbach genutzt. Kurfürst Ruprecht der I. ließ sie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts im gotischen Stil umbauen und mit einem prachtvollen Chor nach Osten hin erweitern. Der Stift leistete lange Widerstand gegen die Einführung der Reformation in der Kurpfalz, wurde aber 1566 aufgelöst und der neu gegründeten protestantischen Pfarrei zugeführt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde dem früheren katholischen Glauben wieder die Ausübung erlaubt und die Religionsdeklaration verfügte, dass Oberamtsstädte, in denen sich nur eine Kirche befindet, diese so zu unterteilen hätten, dass der Chor von Katholiken und das Langschiff von Protestanten zu nutzen sei. In den Jahren 1707/08 baute man dieTrennmauer, die heute noch existiert und die Rückseite des katholischen Kirchenteils bildet. In diesem Teil ließen die Jesuiten einen prächtigen barrocken Hochaltar bauen. Als der Chor zu klein wurde, erbaute die Stadt nebenan die Marienkirche.
Im protestantischen Teil befinden sich Glasfenster und auf der Trennmauer ein Mosaik von August Babberger aus dem frühen 20. Jahrhundert. Dies und die unterschiedliche Entwicklung beider Kirchen hat dafür gesortgt, dass zwischenzeitliche Pläne zur Aufhebung der Trennung wieder aufgegeben wurden. Von außen ist sie auch nicht zu erkennen. Erst beim Eintritt in eine der Kirchen stellt man erstaunt fest, dass das Gebäude innen viel kleiner ist, als es von außen vermuten lässt. Kirchenmitarbeiter erkennen mittlerweile schon an den überraschten Gesichtern der Besucher, dass diese die Kirche ohne Wissen über die Trennung betreten haben und klären, mit Hinweis auf eine Besuchsmöglichkeit des zweiten Teils, gerne auf.

 

 

 

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