Höchstleistung
Die Sonne scheint, das Thermometer ist morgens um acht Uhr schon auf beachtliche 16 Grad geklettert. Ideale Bedingungen, um die überdachte Terrasse nach der langen Winterzeit mal wieder zu reinigen. Ein prüfender Blick in die Runde, um zu klären, ob es denn wirklich heute schon sein muss. Der Liegestuhl in der Sonne ist doch zu verlockend. Die weißen Aluminiumrahmen sehen aber wirklich schlimm aus und müssen wahrscheinlich sogar mit der Bürste bearbeitet werden. Doch halt, was für ein Fleck ist das denn da, unter dem Querbalken des Daches? Man glaubt es nicht, aber da hat sich doch tatsächlich ein kleines Schnecklein mit einem Häuschen von ungefähr 2-3cm Größe den Trägerholm hinauf- und den Dachbalken entlanggequält, um es sich in einer Ecke bequem zu machen.
Vor meinem inneren Auge sehe ich mich selbst in einer auf meine Körpergröße bezogenen Höhe am Balken hocken. Ich säße bei gut 180 Metern. Wie ich da hätte hingelangen sollen, ist mir allerdings ein Rätsel. Der Schnecke gelingt dies indem sie auf einer Schleimspur kriecht. Das tut sie mit dem zu einer Sohle abgeflachten Bauch, der als Fuß bezeichnet wird. Dieser Fuß ist sehr beweglich und kann zum Graben oder Formen von Eipaketen genutzt werden. Er erlaubt es der Schnecke aber auch, sich an glatten Oberflächen festzusaugen und in schwindelerregende Höhen zu klettern. An seinem vorderen Ende läuft der Fuß in den Kopf aus, an dem die Fühler mit Augen an der Basis zur Orientierung dienen.
Ob sie sich der großen Gefahr bewusst ist, in der sie schwebt, wenn die Schleimspur nicht hält? Ich jedenfalls fand ihre Leistung bewundernswert und habe mich neben sie in meinen Liegestuhl gelegt. Schließlich hatte sie es sich redlich verdient, dass ich sie nicht mit meinem Schwamm oder gar der Bürste von ihrem Ruheplätzchen vertreibe.
Wer noch mehr über diese niedlichen Tierchen wissen will, schaut einfach, wie ich auch, bei Wikipedia nach. Ich habe mir auch fest vorgenommen, mich nicht mehr zu ärgern, wenn wieder mal alle Basilikumblätter abgefressen sind. Hochleistungssportler müssen sich gesund und ausgewogen ernähren, das habe ich schon vor Jahren von meiner Tochter gelernt. Das gilt dann sicher auch für die mit nur einem Fuß, die ja aber auch noch ihr Heim auf dem Rücken mit herumschleppen.